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Bikefitting – für wen es sich lohnt

Bikefitting – für wen es sich lohnt

23.04.2021 - Update: 31.08.2021



Taubheitsgefühle in Händen und Füßen, Kniebeschwerden oder Schmerzen auf dem Sattel können einem den Spaß am Radfahren ordentlich verderben.

Fahrradfahrer schieben diese Probleme oft auf mangelnde Fitness, oder denken, dass sich der Körper noch nicht an die Bewegung und Belastung gewöhnt hat. Aber oft liegt es an einer falschen Sitzposition, die zu Verspannungen, Über- und Fehlbelastungen führen kann.

Deshalb lohnt sich ein professionelles Bikefitting für Vielfahrer, egal ob Berufspendler oder (Hobby-)Radsportler, ebenso wie für Gelegenheitsfahrer, um Verletzungen vorzubeugen. Denn ein Bikefitting geht den Ursachen für Schmerzen und Verspannungen auf den Grund und ein Experte stellt dein Rad so ein, wie es für dich am besten passt.

Wir machen den Check: Wem bringt ein Bikefitting etwas? Wie viel kostet es? Welche Methoden gibt es?

Was ist Bikefitting?

Bei einem Bikefitting geht es darum, das Rad bestmöglich an den Fahrer anzupassen. Dazu hat der Bikefitter verschiedene Möglichkeiten: Sattel und Lenker hoch oder runter, weiter nach vorn oder zurück, wenn vorhanden, die Schuhplatten für die Klickpedale auf der Radschuhsohle verschieben und so weiter.

Am Fahrrad gibt es viele Faktoren, die sich verändern lassen und die in gegenseitiger Wechselwirkung stehen. Solange du kein Zeitfahrprofi bist, bei dem es auf eine maximal aerodynamische Sitzposition ankommt (die er auch nicht übermäßig lange einnehmen muss), ist es Ziel eines Bikefittings, eine Sitzposition zu finden, die möglichst komfortabel ist, Beschwerden verhindert oder verringert und - im Fall von sportlich ambitionierten Fahrern - bestenfalls schneller macht, weil die Kraft effizienter aufs Pedal übertragen wird.

Um die passende Sitzposition zu finden, hat ein Bikefitter verschiedene Möglichkeiten, Standard sollten jedoch ein Eingangsgespräch sowie eine eingehende Sitzpositionsanalyse sein.

Warum zum Fitting?

Dein Rad selbst einzustellen ist nur bedingt zu empfehlen. Das kann gut gehen. Da du auf dem Rad aber für eine vergleichsweise lange Zeit in einer recht statischen Haltung verharrst, sind zumindest Verspannungen ziemlich wahrscheinlich.

Es gibt zwar Fitting-Apps, aber sie berücksichtigen für gewöhnlich weder deine Körperhaltung noch eventuelle Fehlstellungen oder deine muskulären Voraussetzungen.

Ein Bikefitter kennt die Komplexität des menschlichen Bewegungsapparats und sorgt dafür, dass dein Körper gleichmäßig belastet wird.

Drei Methoden der Analyse

Zu Beginn eines Fittings steht ein ausführliches Gespräch, in dem sich der Bikefitter einen Eindruck davon verschafft, wie (umfangreich) und wofür du dein Rad hauptsächlich einsetzt, ob es bereits Probleme gibt und wie diese sich äußern.

Es folgt eine gründliche Analyse deines Körpers und eine Sitzpositionsanalyse auf dem Fahrrad. Gemeinsam mit dem Experten arbeitest du an einer individuellen ergonomischen Haltung auf dem Bike. Ergonomie bedeutet, den Körper zu nehmen wie er ist und die Maschine, also das Fahrrad, an den Menschen anzupassen, nicht umgekehrt.

Wir stellen dir drei verschiedene Methoden zur Analyse vor und beleuchten die jeweiligen Vor- und Nachteile.

Körperanalyse

Eine Körperanalyse dauert eine bis drei Stunden und erinnert an einen Besuch bei einem Physiotherapeuten. Anhand verschiedener Tests und Übungen werden deine Kraft und Beweglichkeit geprüft und individuelle Probleme anschaulich gemacht. Vorerkrankungen oder vorhandene Beschwerden werden bei der Körperanalyse miteinbezogen.

Das technische Fitting erfolgt auf Basis der Ergebnisse. Du nimmst dafür auf einem stationären Fahrrad Platz, das Schritt für Schritt auf deine Bedürfnisse und Vorlieben hin eingestellt wird. Erst wenn du und dein Fitter zufrieden seid, werden diese Einstellungen auf das eigene Rad übertragen.

Vorteil: Während des Fittings stehst du in ständigem Kontakt zu einem Profi, der Verletzungen oder Verletzungspotenzial erkennt und dein Feedback in seine Arbeit einfließen lässt.

Nachteil: Der Erfolg des Bikefittings hängt allein von der Erfahrung des Händlers ab.

Laseranalyse

Wenn du es gern präziser hättest, kannst du deinen Körper mit einem Laser vermessen lassen. Der Lichtstrahl nimmt an mindestens vier Punkten deines Körpers Maß und eine Software berechnet anhand dieser Daten die ideale Einstellung deines Rads.

Vorteil: Preisgünstiges Fitting, das nicht lange dauert und präzise Ergebnisse liefert. Kostenpunkt: 50 bis 100 Euro.

Nachteil: Verletzungen können nicht in die Software mit einbezogen werden.

Videoanalyse

Diese Form der Sitzpositionsanalyse verbindet technologische Verfahren mit der Erfahrung eines Profis vor Ort.

Während der Analyse fährst du mit deinem eigenen Bike auf einer Rolle. Zu deiner Seite und frontal sind Videokameras installiert, die deine Sitzposition aufzeichnen, deine Bewegungen digitalisieren und diese Daten in ein Analyseprogramm einspeisen. Zudem wirft der Händler ein Auge auf deine Bewegungsabläufe und kann mit seiner Expertise die Computeranalyse deuten.

Die gelieferten Empfehlungen werden vom Händler sofort am Bike umgesetzt. Danach kann ein weiterer Durchgang der Videoanalyse folgen. Ein guter Händler arbeitet so lange mit dir, bis du optimal auf dem Fahrrad sitzt und alle Einstellungen für dich passen. Hier findest du ein ausführliches Video zum Ablauf einer Videoanalyse.

Vorteil: Eine fundierte Analyse wird vom Computer erstellt und von einem Profi umgesetzt.

Nachteil: Die Dauer des Fittings streckt sich über ein bis vier Stunden. Dabei fallen Kosten zwischen 150 und 350 Euro an.

Faktencheck: Bikefitting-Mythen

1) Die optimale Sitzposition kann ich auch nachlesen!

Im Internet kursieren Hunderte vermeintlich perfekter Einstellungen für deinen Sattel, deinen Lenker und deine Pedale. Ein Blick auf die Straße zeigt, dass wir alle unterschiedlich sind. Ein vertrauenswürdiger Fitter prüft deine individuellen Proportionen, den passenden Kraftaufwand und bezieht auch die Trainingsziele ins Fitting ein.

2) Schmerzen gehören dazu!

Muskelkater oder Brennen in der Oberschenkelmuskulatur können nach intensiven Einheiten oder nach einer langen Radpause schon mal auftreten. Hast du jedoch während der Fahrt Probleme mit den Gelenken, Schmerzen im Rücken oder werden Füße und/oder Hände taub, solltest du deine Sitzposition dringend überprüfen lassen.

3) Ein Fitting lässt sich auf ein anderes Rad übertragen!

Die einmal gefundenen Einstellungen lassen sich nicht auf andere Räder übertragen. Schon gar nicht, wenn du die korrekte Einstellung für den Sattel deines Rennrads gefunden hast und diese auf ein Mountainbike übertragen willst. Sogar zwei Rennräder in derselben Größe, können sich in ihrer Geometrie stark unterscheiden.

4) Einmal richtig eingestellt, brauche ich kein Fitting mehr.

Bikefitting ist ein Prozess. Denn dein Körper verändert sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit mit der Zeit. Deshalb solltest du zumindest nach einer Verletzung, aber auch, wenn du zu- oder abgenommen hast oder flexibler geworden bist (z. B. weil du mit Yoga angefangen hast) noch einmal zur Kontrolle gehen.

Wann sollte ich zum Bikefitting?

Vor dem Kauf

Es ist sinnvoll, sich über die Möglichkeit eines Fittings schon vor dem Neukauf eines Fahrrades zu informieren. Einige Händler bieten mittlerweile auch Bikefittings an, manchmal sogar als kostenlosen Zusatzservice.

Nach einer Vermessung hast du einen deutlich besseren Anhaltspunkt bei der Suche nach einem neuen Fahrrad, was Größe und Geometrie betrifft. Natürlich entscheidet letztendlich die Probefahrt auf deinem potenziellen neuen Bike, und wie wohl du dich darauf fühlst, über den Kauf.

Fitting am vorhandenen Rad

Du hast dich bereits vor längerer Zeit für ein Bike entschieden und bemerkst nun das ein oder andere Zipperlein? Das ist nicht ungewöhnlich.

Informiere dich, welcher Händler sich auf deinen Fahrradtyp spezialisiert hat oder wende dich an ein spezielles Bikefitting-Labor, das oft alle Radtypen abdeckt, und vereinbare einen Termin für ein Fitting.

Kann dir dein Händler nicht weiterhelfen, weiß er vielleicht eine Alternative in deiner Nähe, die er dir empfehlen kann.

Bikefitting für Athleten

Ambitionierte Radfahrer, die in erster Linie auf die Verbesserung ihrer Leistung hinarbeiten, stellen gesonderte Ansprüche an das Bikefitting. Bei der Sitzposition geht es um den bestmöglichen Kompromiss aus Aerodynamik und Komfort.

Die Kraftübertragung vom Bein auf das Pedal soll optimiert werden, die Sitzposition windschnittig, stabil und schmerzfrei sein. Denn Herumrutschen auf dem Sattel, Schmerzen und Verspannungen ziehen Energie, die dann nicht mehr für Vortrieb zur Verfügung stehen.

Fitting - lohnt sich die Investition?

Ein Bikefitting lohnt sich für jeden, der ein neues Fahrrad kaufen möchte, nur selten fährt oder längere Zeit auf seinem vorhandenen Fahrrad verbringt. Also im Prinzip für jeden, der schmerz- und verletzungsfrei unterwegs sein möchte.

Im besten Fall fließen sportwissenschaftliche Erkenntnisse in die Erfahrung von Händlern ein und helfen, die ideale Einstellung für dich zu finden. Auch wenn die Kosten für die Einstellung eines alten Fahrrads abschrecken können, lohnt es sich, einen Termin beim Bikefitter zu buchen. Schließlich machst du es nicht für dein Fahrrad, sondern für dich!

Wir aus der Bikes.de-Redaktion haben eine große Leidenschaft: Fahrräder. Und diese Leidenschaft wollen wir mit dir teilen. Daher sind wir immer auf der Suche nach neuen, spannenden und relevanten Themen rund ums Rad, die dir Information und Orientierung bieten – und vor allem jede Menge Lust aufs Radfahren machen sollen. Viel Spaß beim Lesen!